Historie

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Pfälzer Wappen
Die Landshuter Zeit

Palatia kann auf eine bewegte Geschichte zurückblicken, welche an der bayerischen Landesuniversität in Landshut am 20. Juni 1813 beginnt. An diesem Tag stifteten Studenten aus der Oberpfalz mit Gottlieb Meinel an ihrer Spitze das Corps als Landsmannschaft der oberpfälzischen Studenten. Daher kommt auch der Name „Palatia“, welcher, ins Deutsche übersetzt, soviel wie „Pfalz“ bedeutet. Während der Zeit in Landshut sahen sich die Pfälzer der stetigen Verfolgung durch die Behörden ausgesetzt.

 

Im Jahre 1815 lösten sich die 4 in Jena ansässigen Corps auf und gründeten gemeinsam die Urburschenschaft, welche politische Ziele, wie die Einigung der deutschen Staaten verfolgte. Da man in Landshut ebensolche Entwicklungen der Corps befürchtete, waren Durchsuchungen der Studentenbuden und Konfrontationen mit der Polizei an der Tagesordnung. Ebenso waren die zwischen Studenten gepflegten Duelle bei Strafe verboten.

Gründungssenior Gottlieb Meinel
In München 1826-1847

1826 zog Palatia mit den anderen 3 Landshuter Corps mit der Universität nach München um. Die Lage verbesserte sich erst im Jahre 1827, als König Ludwig I. von Bayern den Corps eine Existenzgarantie zugestand. Diese währte allerdings nicht lange, denn bereits im Jahre 1828, in Folge eines Duells zwischen einem Pfälzer und einem anderen Studenten mit tödlichem Ausgang wurden alle studentischen Vereinigungen in München verboten.

Diese schwierige Situation gipfelte nach Protesten seitens der Studentenschaft 1830 in der Schließung der Universität und der Münchner Dezemberrevolution. 2 Jahre später, 1832, wurde Palatia jedoch wieder vom bayerischen Innenministerium anerkannt.

Nach einigen ruhigen Jahren in München kam es 1838 zum erneuten Eklat. Studenten der Philosophie wurde die Mitgliedschaft in einem Corps verboten. Dies bedeutete, in Anbetracht der Tatsache, dass jeder Student ein Philosophicum vor seinem eigentlichen Studium abzulegen hatte, eine schwere Krise für die Corps. Da sich nur die wenigsten Studenten an diese Maßgebung hielt, sah man sich erneut polizeilicher Verfolgung ausgesetzt.

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Bundeswappen 1843
Die Affaire Lola Montez und die Märzrevolution in München

Der bayerische König Ludwig I. war kein Kind von Traurigkeit. Der 60-jährige Regent genoß die Vorzüge junger Damen, wie seiner 1846 nach München gekommenen, 25-jährigen Geliebten, Lola Montez.

Dieses hübsche Mädchen erfreute sich in der Münchner Gesellschaft jedoch, Dank ihres forschen Auftretens und der eigenartigen Angewohnheit, mit einer Reitpeitsche die Bürger Münchens auf ihren Spaziergängen anzugreifen, nicht allzu großer Beliebtheit. Als 1847 der Senior der Palatia, Peißner, sich ihr zugetan fühlte und, neben einer Affäre mit ihr, eine Leibgarde mit einigen seiner Corpsbrüder für sie bildete, wurden die Beteiligten aus dem Corps ausgeschlossen.

Die Folge war eine königliche Aufforderung, dies wieder rückgängig zu machen. Als sich der Convent der Palatia dazu weigerte waren Unruhen in der Studentenschaft und mit der Schließung der Universität Proteste der Münchner Bevölkerung die Folge. So unterzeichnete u.a. Karl von Schrenck Notzing, bayerischer Justizminister und Alter Herr der Palatia, ein Memorandum gegen Lola Montez und trat mit allen anderen Ministern aus dem Staatsdienst zurück. Aufgrund des öffentlichen Drucks entschloß sich der König, seine Geliebte ins Exil zu schicken. © Copyright Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt, Bockenheimer Landstr. 134-138, D-60325 Frankfurt a.M.

Nachdem wieder Ruhe in München eingekehrt war, erfasste 1848 die Deutsche Revolution auch das beschauliche Bayern. Dieses Mal jedoch standen die Studenten auf Seiten des Königs und die Corps bildeten Freiwilligenbataillone mit ihren Wachlokalen im Universitätsgebäude. Zur gleichen Zeit wirkten die Alten Herren der Palatia Franz Jacob Wigard und Karl von Schrenck-Notzing als Mitglieder des Paulskirchenparlaments in Frankfurt aktiv an der Gestaltung einer möglichen deutschen Verfassung mit. Diese Verfassung diente u.a. als Vorlage für die spätere Weimarer Verfassung und die heute gültige der Bundesrepublik Deutschland.

Das Blatt für den König wendete sich jedoch, als am 16. März, auf das Gerücht, Lola Montez sei wieder in München, erneute Unruhen auftraten und dieses Mal die Studentenschaft Freikorps gegen den König bildete. Dieser dankte daraufhin am 20. März 1848 zu Gunsten seines Sohnes Maximilian II. Joseph. Mit diesem Kapitel endet, zumindest vorläufig auch die Zeit der politischen Unruhe für die Pfälzer.

Engelssturz
Bundeswappen 1863
Die 50er Jahre und die Zeit der Reichseinigungskriege

Ebenfalls 1848 tagte das erste Mal ein Corps Congress in Bad Kösen, der sich 1855 endgültig konstituierte. Zu diesem „Hohen Kösener Senioren Convents Verband“, der sich bis zum heutigen Tag als Dachverband der alten Universitätscorps erhalten hat, traten die Münchner Corps allerdings erst 1862 bei. Die 50er und frühen 60er Jahre gestalteten sich relativ ruhig, bis auf zwei traurige Zwischenfälle. Der erste ereignete sich 1856, als der Pfälzer Consenior Philipp Georg bei einem Pistolenduell mit Artillerieleutnant Betzl im Wald von Milbertshofen (heute Teil von München) fällt.

1866 erlag unser Corpsbruder Joseph Zollner seinen Verletzungen bei einem Pistolenduell in München. Noch heute sind ihre Namen auf der Ehrentafel im Eingangsbereich unseres Hauses zu lesen.

Nach einem Krieg gegen Dänemark 1864 sahen sich die deutschen Staaten 1866 erneut im Konflikt. Preußen und Österreich mit den süddeutschen Staaten stritten sich um die Vorherrschaft im deutschen Bund. Da im Corps Palatia keine Norddeutschen waren, kämpften die Pfälzer geschlossen auf Seiten Österreichs – vergeblich, wie sich später zeigen sollte. Bei der Schlacht um Helmstadt verlor der Pfälzer Corpsbursch Ziegler sein leben.

Wenige Jahre später im deutsch-französischen Krieg 1870/71 musste das Corps erneut Verluste beklagen. So ließen Eduard von Schrenck–Notzing und Joseph Wankerl im Felde ihr Leben.

Das alte Corpshaus in der Reitmorstraße 28 (1902-1939)
Die Jahre bis zum 1. Weltkrieg

Während sich in Deutschland die Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs in Folge des gegen Frankreich geführten Krieges vollzog, ging es den Pfälzern weniger gut. Im HKSCV, dem deutschlandweiten Dachverband der Universitätscorps, kam es zur Bildung von Kartellen, also Zusammenschlüssen von Corps an verschiedenen Universitäten, um corpspolitisch mehr Handlungsmacht zu erreichen. Auch am Corps Palatia ging diese Entwicklung nicht spurlos vorbei und so bildete man 1877 ein Kartell mit dem Corps Suevia Freiburg und unterhielt nebenbei diverse offizielle Verhältnisse mit anderen deutschen Corps. Gleichzeitig wurde es Pfälzern erlaubt, in einem anderen Hochschulort Mitglied eines weiteren Corps zu werden – dies bezeichnete man als Waffencorpsprinzip.

Nur 5 Jahre später, 1882, entschied man sich jedoch, zum alten Lebenscorpsprinzip zurückzukehren, also einem Pfälzer die Mitgliedschaft in einem anderen Corps zu untersagen. Konsequenterweise beendete man damit auch das Kartell in Freiburg sowie die restlichen Verhältnisse. Dies zog selbstverständlich nach sich, dass etliche Mensuren zwischen Palatia und den ehem. Verhältniscorps ausgetragen wurden. Durch die mangelnde Mobilität dieser Zeit waren die Reisen zu den Austragungsorten der Partien mit einem erheblichen Kosten- und Zeitfaktor verbunden und das Corps Palatia stand kurz vor seiner Auflösung. Jedoch schalteten sich die Alten Herren rechtzeitig ein, um ihren jungen Corpsbrüdern finanziell unter die Arme zu greifen und den Bund, der ihnen einst ein so heiteres Burschenleben bescherte, zu retten. Dies war das erste Mal, dass sich die ehemaligen Studenten der Palatia in einem gemeinsamen Verband innerhalb des Corps zusammenschlossen.

Neben etlichen kleineren und größeren Eskapaden mit den anderen Münchner Corps konnte man jedoch in den folgenden Jahren eine Blütezeit des Corpsstudententums genießen. Besonders, als im Jahre 1888 das deutsche Reich seinen Kaiser Wilhelm II. krönen konnte, war das Ansehen der Corps auf einem ungeahnten Höhepunkt, denn Wilhelm II. war selbst Alter Herr des Corps Borussia Bonn.

Im Glanze dieser Zeit war es dann auch soweit, dass sich das Corps Palatia ein eigenes Haus erbaute. Während man vorher in Gaststätten verkehrte, wo man meist einen Saal oder eine Wirtsstube angemietet hatte, kaufte man 1901 ein Grundstück in der Reitmorstraße an und konnte im Dezember 1902 das fertiggestellte Haus beziehen.

Ehe der 1. Weltkrieg ein Jahrhundert des Krieges und der Zerstörung einleitete konnte das Corps noch einige Jubeljahre verbringen und 1913 die Hundertjahrfeier begehen, der sogar der bayerische Prinzregent und spätere König Ludwig III. von Bayern beiwohnte.

1914 bis 1948

Am 1. August 1914 begann der 1. Weltkrieg als Feuerwerk des Grauens zu Beginn einer neuen Epoche für die deutsche Geschichte. Der Corpsbetrieb wurde während dieser Zeit auf Sparflamme betrieben. 1915 wurde auf dem Corpshaus ein „Unterhaltungsheim für Verwundete“ unter Regie der Corpsschwestern, also der Ehefrauen unserer Corpsbrüder, betrieben. 1916 stattete Ludwig III. von Bayern dem Corps erneut einen Besuch ab. Als 1917 das Unterhaltungsheim nach 2 Jahren auf Grund der wirtschaftlichen Umstände den Betrieb einstellen musste, hatte man ca. 85.000 Besucher empfangen können.

Mit einem Waffenstillstand im November 1918 war das Ende des Krieges gekommen. 32 Pfälzer kehrten nicht mehr in die Heimat zurück. Die folgenden Jahre waren von politischen Wirren geprägt. 1919 wurde die Universität geschlossen und die Münchner Corps schickten Angehörige zur Unterstützung der Freikorps nach Thüringen, während in München im gleichen Jahr rechts- und linksradikale Gruppierungen um die Macht kämpften.

Die von Unsicherheit und Chaos geprägten Jahre waren gegen Mitte der 20er Jahre überwunden und mit den goldenen Zwanzigern konnte auch Palatia eine neue Blütezeit verleben. So kaufte man am Ende dieser Zeit die Almhütte, welche noch heute im Besitz des Corps ist.

Mit der Machtergreifung Hitlers im Jahr 1933 schien nun endgültig der Niedergang des Corpsstudententums besiegelt zu sein. Die demokratische Tradition der Corps und das Toleranzprinzip waren mit dem Führerprinzip und der rassistischen Ideologie des Nationalsozialismus nicht vereinbar. Immer strenger werdenden Auflagen folgte 1936 das endgültige Verbot des Corps. Die corpsstudentischen Prinzipien hatten aber Bestand und noch im Jahr 1937 wurden die letzten Mensuren ausgetragen. 1939 begann der zweite Weltkrieg mit dem Überfall auf Polen. Als 1945 das wohl blutigste Kapitel des 20. Jahrhunderts geschlossen wurde und die Waffen schwiegen musste Palatia 35 gefallene Corpsbrüder beklagen. Auch das Haus war den Bomben zum Opfer gefallen.

Festkommers
Die Nachkriegszeit

Am 20. Januar 1948 wurde das Corps von Schulz III, Redenbacher, und Appelt als Chargierte rekonstituiert. Bereits 2 Tage später konnte man die ersten Füchse aufnehmen. Die erste Zeit erfolgte der Corpsbetrieb in einer kleinen Gartenlaube. Ebenso wie das gesamte Europa stand Palatia vor einem Trümmerhaufen, den es zu beseitigen galt. Die Altherrenschaft der wiedergegründeten Palatia konnte schon früh genug Geld aufbringen, so dass 1953 das neue Corpshaus in der Königinstraße 49 bezogen werden konnte, welches bis heute den Mittelpunkt des Corpslebens der Pfälzer darstellt. Im gleichen Jahr wurde das Corps von der Ludwig-Maximilians-Universität München offiziell anerkannt. 1958 wurde das Haus um 2 Stockwerke erweitert, wo Studentenzimmer für die jungen Pfälzer eingerichtet wurden. Der Corpsbetrieb lief glänzend und 1963 konnte Palatia im Beisein diverser hochrangiger Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft, sowie dem damaligen Universitätsrektor der LMU sein 150-jähriges Bestehen mit dem Festakt im Herkulessaal der Residenz München als Höhepunkt feiern.

1968 begann sich eine Krise, nicht nur für das Corps Palatia, sondern für das gesamte Verbindungsstudententum abzuzeichnen. Den Forderungen der Zeit nach mehr Individualität, der antiautoritären Grundeinstellung der neuen Studentengeneration, sowie dem Pazifismus der Flower-Power-Bewegung schien das Corps nicht gerecht zu werden. Die Einordnung in eine Gemeinschaft, Disziplin und das Fechtprinzip sind Grundsäulen des Corpsstudententums und genau gegen diese Prinzipien kämpfte die damalige Jugend. Palatia hatte eine harte Bewährungsprobe zu bestehen. Als Konsequenz wurde im Jahr 1969 das Lebensbundprinzip aufgegeben. Politisch gesehen gab es seit dieser Zeit keine großen Umbrüche für Palatia. 1972 wurde ein offizielles Vorstelungsverhältnis mit dem Corps Teutonia Graz abgeschlossen. Zu dessen Kartellcorps, Saxonia Wien, besteht bereits seit dem Jahr 1920 ein Verhältnis. 1993 wurde das Verhältnis zu Teutonia in ein Freundschaftsverhältnis umgewandelt. 5 Jahre später, 1998 wurde mit dem Corps Visigothia Rostock ein Vorstellungsverhältnis abgeschlossen.